Der Jahrtausendkaiser by Richard Dübell
Autor:Richard Dübell [Richard Dübell]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955300418
Herausgeber: Edel:eBooks
veröffentlicht: 2013-10-21T16:00:00+00:00
Der scharfe Trab, den sie hielten, führte dazu, daà sie viel früher als von Philipp erwartet am Ziel ankamen. Es war noch heller Tag. Ernst ritt ohne zu zögern über den kleinen Graben, stieà das Tor auf und betrat Radolfs Hof, als würde er ihm gehören. Die Hufe des Pferdes klangen laut auf dem festen Erdreich. Philipp fühlte wieder das bekannte Unbehagen angesichts des offenen Tores und der Schutzlosigkeit von Radolfs Besitz. Er schloà das Tor hinter sich. Ernst war schon vor dem Eingang des donjon angekommen und sprang aus dem Sattel.
»He, Radolf!« brüllte er aus Leibeskräften. »Bist du zu Hause? Zählst du dein Gold, oder liegst du auf einer deiner Dorfschlampen?« Er blinzelte Philipp grinsend zu, und dieser fragte sich, was Radolf in seiner schwermütigen Verfassung von Ernsts unbekümmerten Grobheiten halten mochte.
Einige Augenblicke verstrichen, in denen Ernst sich an seinem Pferd zu schaffen machte und Philipp mit steifen Beinen von seinem Reittier kletterte. SchlieÃlich kam Radolf Vacillarius die Treppe herunter. Sein Gesichtsausdruck war nichtssagend; wenn er sich über die Rückkehr seines ehemaligen Gefährten freute, zeigte er es nicht, und wenn er sich über seine Art ärgerte, lieà er es ebensowenig sehen. Er warf Philipp einen raschen Blick zu und verengte die Augen, aber er sagte nichts.
»Wo ist der Pferdeknecht?« fragte Ernst.
»Auf dem Feld«, erklärte Radolf und machte eine unbestimmte Handbewegung zum Tor hinaus.
Ernst verzog das Gesicht. »Ich hoffe, er kommt bald. Die Pferde müssen abgerieben werden, sonst werden sie krank.«
»Er weiÃ, daà ich ihn brauche. Sobald die Dämmerung beginnt, kommt er.«
»Das waren Zeiten, als du noch deinen Knappen hattest ...«
»Er ist weg, und das weiÃt du so gut wie ich«, versetzte Radolf mit plötzlich aufwallendem Zorn. »Ja, und hoffentlich hat ihn der Teufel schon auf seinem Bratenteller â mit einem Apfel im Maul.« Ernst seufzte. »Dann bringe ich meinen Gaul selber in den Stall. Ich muà ohnehin die Bestie begrüÃen.« Er packte die Zügel seines Pferds mit einer Hand und streckte die andere Hand zu Philipp aus. »Na komm schon, gib mir die Zügel deines Schinders. Wenn ich ein Pferd wegbringe, kann ich ebensogut auch zwei wegbringen.« Er nahm Philipp die Zügel ungeduldig aus der Hand und stapfte zum Stall hinüber.
Radolf blickte ihm mit kalter Miene hinterher. SchlieÃlich wandte er sich zu Philipp um. »Hast du schon angefangen?« fragte er ihn knapp.
»Wenn Ihr es so nennen wollt... «
»Was soll das heiÃen?« »Wir haben ein Problem ...«
»Ist das schon wieder ein neues oder noch immer das alte Problem?«
»Bei der Menge von Problemen, die mit Eurem Fall verhaftet sind, weià ich das nicht mehr«, erklärte Philipp. Radolf funkelte ihn aufgebracht an. »Wir müssen uns unbedingt unterhalten.«
Hastige Schritte ertönten auf der Treppe; Dionisia kam mit einem breiten Lächeln heruntergelaufen. Als sie Philipp neben Radolf stehen sah, spannte sich ihr Gesicht. Philipp lächelte sie an. Sie straffte die Schultern und lächelte zurück.
»Später«, knurrte Radolf und deutete auf den Stall, aus dem Ernst soeben wieder aufgetaucht war. »Ah, Prinzessin Dionisia!« rief dieser. »Die Sonne geht nochmals auf.« Philipp warf Dionisia einen schnellen Blick zu; sie war bis über beide Ohren errötet.
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